ExtrablattVerhaltenskettenbilden
Wie eine Fahrradkette aus einzelnen Gliedern besteht, beinhaltet eine Verhaltenskette mindestens zwei verschiedene Verhalten. Um euch anschaulich erklären zu können, wie Ihr so eine Kette bilden könnt, haben wir uns die gebräuchlichste aller Ketten ausgesucht …

Beispiel: Rückruf mit „Vorsitz“

Als erstes stellt sich euch vielleicht die Frage, ob es überhaupt einen Sinn macht, diese Kette zu bilden. Schließlich reicht es doch, wenn euer Hund einen verlässlichen Rückruf hat. Meine Antwort darauf ist ein klares Ja! Wobei es im Prinzip völlig egal ist, ob Ihr euren Hund nach erfolgtem Rückruf ein „Vorsitz“, „Vorplatz“ oder „Vorsteh“ ausführen lasst, Ihr solltet nur darauf achten euch nur eines davon für die Kette auszusuchen. Ich bleib der Einfachheit halber aber mal beim „Vorsitz“. Durch das „Vorsitz“ dirigiert Ihr euren Hund in eine euch schon vorher bekannte Position. Das macht Sinn, weil Ihr so schon vor dem Ruf wisst, wo euer Hund gleich landen wird. Und Ihr könnt diese Position sogar noch, während euer Hund auf dem Weg zu euch ist, verändern. So könnt Ihr ihn z.B. auf einem Waldweg zu euch rufen, um ihn vor dem, mit der vorgeschriebenen Mindestgeschwindigkeit von 40 km/h, heranbrausenden Mountainbiker zu retten: Stellt euch einfach auf die Seite des Weges auf der euer Hund sich, in einiger Entfernung zu euch, befindet und ruft ihn. Hat er den Rückruf ordentlich gelernt, dann wird er schon auf den ersten Ruf und auf direktem Weg zu euch gelaufen kommen und mit dem anschließenden „Vorsitz“ bleibt er auch bei seiner Ankunft auf der von euch geplanten Seite. Das „Sitz“ vor euch macht nicht nur einen guten Eindruck, sondern sichert euch auch dahingehend ab, dass euer kleiner Hund dem Mountainbiker nicht versucht zu beweisen, dass er schneller rennen kann, als der zu Fahren in der Lage ist. Natürlich nur, wenn er es ebenfalls richtig gelernt hat. Und da sind wir auch schon bei einem superwichtigen Kettenthema.

Der richtige Zeitpunkt

Die Frage ist natürlich, wann Ihr eine Verhaltenskette bilden sollt. Direkt am Anfang, damit euer Hund das von Anfang an richtig lernt oder eben erst irgendwann später und wenn später, dann wann denn wohl? Nun, Ihr solltet auf keinen Fall die Kette zu früh bilden, also natürlich erst recht nicht vornherein auf die Kette hinarbeiten. Für das „Warum nicht?“, müssen wir uns nochmal anschauen, wie euer Hund lernt, bzw. wie Ihr dafür sorgt, dass er bestimmte Verhalten wiederholt. Dazu benutzt Ihr wahrscheinlich die sogenannte „positive Verstärkung“: Zeigt euer Hund das richtige von euch gewünschte Verhalten, dann markert Ihr das und gebt („positiv(e)“) ihm ein Leckerchen („Verstärkung“) und bestärkt ihn so, das Verhalten beim nächsten Mal wieder zu zeigen. Das macht Ihr ganz schön schlau, das wollte ich euch schon lange einmal sagen. Oh, da sei mir eine Frage erlaubt: Wie lange kann euer Hund nochmal seine Handlung mit eurer Verstärkung verknüpfen, also in Verbindung bringen. Was? Unterschiedlich? Na, egal. Dann frag ich anders: Welche Handlung verbindet euer Hund mit eurer Verstärkung? Sein Kommen? Sein Sitzen? Oder beides? Na, ich will es mal nicht zu kompliziert machen, aber sowohl die Theorie, als auch die Praxis besagen, dass euer Hund, speziell was Ausführung und Schnelligkeit angeht, auf jeden Fall nur das letzte Verhalten mit der Belohnung in Bezug setzen kann. Wenn das – dann das! Einfach gesagt: Wenn Ihr die Kette zu früh bildet und schon bald nach dem Anlegen das „Sitz“ im Anschluss an das Kommen verlangt, wird euer kleiner Racker besser, lieber und akkurater Sitzen, als auf euren Ruf hin kommen. Und ich denke, dass das nicht das ist, was Ihr eigentlich wollt, oder?  

Die Hochzeit

Verbindet eure beiden Kettenglieder Rückruf und „Vorsitz“ erst dann, wenn Ihr ihm beides, parallel oder nacheinander, gut und sicher beigebracht habt, dann seid Ihr auf der sicheren Seite. Klappt aber eins von beiden in der Kette (auch irgendwann) nicht (mehr) so gut, dann trainiert sofort wieder jedes Verhalten einzeln. Denn nur so könnt Ihr über die gezielten Variationen in euren Belohnungen das jeweilige Verhalten nach euren Wünschen verbessern. Ist das abgeschlossen, dann baut Ihr die Kette wieder zusammen. Und das geht so: Ruft euren Hund mit dem gewohnten Wort und Sichtzeichen und lasst ihn immer wieder auf ein weiteres Kommando („Sitz“ und / oder erhobener Zeigefinger z.B.) kerzengerade vor euch sitzen. Irgendwann werdet Ihr merken, dass euer Hund sich schon (fast) von allein vor euch hinsetzt. Das ist der Punkt wo Ihr versucht, das „Sitz“ und den Finger wegzulassen und ca. 2-3 Sekunden auf die selbständige Ausführung wartet. Kommt sie, dann belohnt Ihr mit Jackpot, komt sie innerhalb der 3 Sekunden nicht, dann erhebt Ihr euren mahnenden Finger und belohnt mit einem trockenen Lecker oder je nach Ausbildungsstand auch nur mit einem netten, aufmunternden Wort.

Mögliche Fehler beim Anlegen

Zu früh hatte ich schon erwähnt. Da fällt mir dann gleich auch noch das „zu lange“ ein. Nämlich, zu lange auf der Kette herumreiten, obwohl ein Glied irgendwie hakt. Die Ausbleibende Belohnung verleidet zumindest die Kette, aber in den allermeisten Fällen auch – beide – Einzelverhalten. Das funktioniert ein bisschen wie: „Ich geh da nicht mehr essen, weil die Bedienung so schlecht ist!“, da muss der Koch genauso drunter leiden, obwohl er überhaupt nichts dafür kann.

Weiter geht’s

Obacht, wenn Ihr eine Kette aus mehr als zwei Verhalten aufbauen wollt. Denn das ist ein noch viel anfälligeres System. Hier würde ich euch empfehlen, dass ihr rückwärts vorgeht und mit einem abschließenden Jackpot arbeitet. Allerdings müsst Ihr dann höllisch aufpassen, dass die vorne stehenden Verhalten nicht in der Qualität darunter leiden, wenn es immer nur zum Schluss den Jackpot gibt. Denn schließlich ist es egal, wie toll euer fleißiger Arbeiter das erste und das zweite Verhalten ausführt. Den Jackpot gibt es schließlich immer (z.B.) für das „Verbeugen“. Das Schlimmste, was euch dabei passieren kann ist aber ein starker Fremdverstärker, den euer Hund sich mit einer Abkürzung selbst besorgt: Ihr wollt z.B. euren Tanz beginnen und euer springt nach den ersten beiden Takten auf die Tonne und verbeugt sich. Und die gesamte Halle tobt vor Verzückung. Die Choreo ist hin, das könnt Ihr mir glauben!  

Viel Spaß beim Üben


Euer Bertie


 
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