ExtrablattAufEinWort
Schon in dieser Bitte („… auf ein Wort Herr Kollege“) liegt die Crux versteckt. Denn derjenige, der dieser Bitte nachkommt, kann sich auf eine längere Diskussion mit tausenden von Worten einstellen. Und genau das ist mit uns Hunden nicht zu machen – jedenfalls nicht, wenn euer Wort (EINZAHL!) wirklich ein Gewicht bekommen soll. In diesem Extrablatt geht es also um die Ausführung von Kommandos rein auf das erste und einzige Wort hin.

Bedeutung

Euer Hund soll lernen, dass er immer, jederzeit und sofort ein bestimmtes Verhalten zeigen soll, sobald Ihr ihm das dazugehörige „Passwort“ nennt.

Sinn und Unsinn

„Och, Bertie. Verschon uns doch bitte mit diesem Kadavergehorsamsscheiß. Ein Hund ist doch aus Fleisch und Blut und keine Lernmaschine. Ob ich das manchmal zweimal sagen muss – was macht das schon.“
Oh, euch macht das nix. Ihr seid nett und höflich und Ihr wiederholt das doch gern für euren kleinen Liebling, nicht wahr? Ja, ja und, wenn Ihr ehrlich seid, dann ist EINE (einzige) Wiederholung ja wohl eher die Ausnahme. „Sitz, sitz, sitz“ sind schon derer zwei und nicht gerade selten kommen da schnell mal zehn zusammen. Hm. Aber wenn es drauf ankommt, dann wollt Ihr natürlich, dass euer kleiner Racker das einsieht und – schwups – auf seinem Hintern sitzt. Oh. Ja. Das machen wir Hunde gern für euch. Mensch, ist doch klar! Gerade in stressigen Situationen verstehen wir einfach jedes Wort und sind bereit, sofort und umgehend entsprechend zu handeln, anstatt wie sonst meistens, die Ohren auf Durchzug zu stellen. Also braucht es dieses blöde Wortkommandotraining nun wirklich nicht, oder vielleicht doch?

Was für eine Quote?!

Ihr Menschen habt, was uns Hunde angeht, eine sehr lustige Auffassung von „Na, geht doch!“. Ich möchte nicht wissen, was los wäre wenn Ihr so in eurem Job oder im restlichen Alltag denken und handeln würdet. Für viele von euch bedeutet die Ausführung nach „Sitz“, „Sitz“, … „Sitz“ einen Erfolg, denn letztendlich habt Ihr ja erreicht, was Ihr wolltet. Ja, schon. Aber eben „X minus eins Mal“ nicht! Wenn Ihr euch in euer Auto setzt und es springt nur bei jedem siebten Versuch an, was würdet Ihr dann machen? Och, das Beispiel findet Ihr schräg? Ich gebe euch gern ein noch besseres: würdet Ihr mit eurem Auto noch einen Meter fahren, wenn Ihr wüsstet, dass die Bremse nur jedes zweite Mal funktioniert und schon mal sowieso nicht, wenn ein Reh über die Straße läuft? Was das nun wieder mit eurem Hund zu tun hat, das will ich euch gern verraten: Obwohl Ihr wisst, dass sein Rückruf gerade einmal eine Quote von 50% hat (einmal kommt er, einmal nicht, …) und wenn ein Reh vor ihm aus dem Busch springt, diese Quote stark gegen Null geht, spaziert Ihr fröhlich weiter ohne Leine durch den Wald. Nein, das machen natürlich nicht alle so. Diejenigen, die die Leine immer brav dran haben, mögen mir verzeihen und diejenigen, die sich wirklich die Mühe gemacht und einen wirklich kaum zu beeinflussenden Rückruf trainiert haben, tun das sowieso, da bin ich mir sicher.

Beginn des Trainings

Bei dem nun folgenden Training geht es in erster Linie darum, Wortwiederholungen strikt zu vermeiden. Dabei setze ich voraus, dass euer kleiner Racker die Kommandos auf euer – ohne verbiegen oder bücken gezeigtes - Zeichen hin, zumindest ohne Ablenkung, schon gut beherrscht. Leider kann ich bei dieser Trainingsanleitung nicht auf eure Körpersprache eingehen, obwohl sie immens wichtig ist und bei eurem kleinen Liebling durchaus noch höher im Kurs stehen kann, als eure Sichtzeichen. Wenn es also so gar nicht funktionieren sollte, dann wendet euch unbedingt an eure Trainer, die euch da sicher weiterhelfen können.
Als Beispiel nehme ich das „Sitz“, die anderen Kommandos könnt Ihr dem Prinzip nach genauso trainieren. Ihr braucht eine Futtertasche mit normalen Leckerchen und einen Jackpot (Leberwurst, Thunfischcreme, …) in der Tube, wenn das Training funktionieren soll.
Lauft im „Fuß“ ein paar Runden und lasst euren Hund mehrmals wie gewohnt sitzen.
Die Belohnungsrate soll in der Anfangsphase hoch sein und auch das korrekte „Fuß“ mit freudigem Blickkontakt soll noch belohnt werden.
Sobald euer Hund sich im Arbeitsmodus befindet, benutzt Ihr das „Sitz“ dann schon als weiteren Verstärker für das „Fußlaufen“: „Fuß“ selbst wird nicht mehr belohnt, aber wenn euer Hund eine angemessene Strecke im „Fuß“ gelaufen ist, dann darf er sich setzen und erhält dafür eine höchst angemessene Belohnung.
Nun lasst Ihr das Wort erst einmal weg und überprüft mehrmals die Ausführung des Kommandos rein auf das Sichtzeichen (i.d.R. der „Sitzfinger“) immer dann, wenn euer Hund aufmerksam „Fuß“ läuft.
Nach mindestens 5 erfolgreichen Versuchen (allein auf den Finger) hintereinander sagt Ihr nun ab dem nächsten Versuch euer Wortkommando vorweg, bleibt stehen und wartet bis zu 2 Sekunden auf die Ausführung. Sind die verstrichen, dann packt Ihr – ohne euer Wort zu wiederholen (!) – den Finger dazu und wartet weiter auf die Ausführung. Sollte sich nach 5 Sekunden gar nichts tun, dann lauft Ihr einfach im Fuß wieder los. Die Belohnung sieht dabei so aus …
Unter 2 Sekunden setzt sich euer Hund allein auf das Wort hin: Jackpot!
Ihr müsst nach 2 Sekunden den Finger dazu nehmen, aber euer Hund sitzt dann innerhalb weiterer 2 Sekunden: 1 normales Lecker.
Nach den zwei Sekunden gibt es aber nur warme Worte.
Sind die 5 Sekunden abgelaufen, dann gebt Ihr ein „Fuß“ und lauft wieder los ...
Die nicht gefütterten Leckerchen bei Fehlversuchen packt Ihr auf ein Sparkonto, dass beim nächsten erfolgreichen Versuch (egal in welchem Stadium der gelingt) in voller Höhe (aber schön einzeln nacheinander) auf das Bauchkonto eures Azubis ausgeschüttet wird. Bestes Beispiel: Euer Hund war so richtig schlecht und Ihr habt 10 Versuche vermasselt. Beim elften Mal bequemt er sich dann doch mal in ein „Sitz“, der Blödmann. Dann füttert Ihr 10 Brocken nacheinander per Druckbetankung (er hat jeweils noch nicht geschluckt) in diesen faulen, dummen Gierlapp hinein. (Das ist ausnahmsweise mal keiner meiner schlechten Scherze!)

Solltet Ihr 5x Jackpot hintereinander geben können, müsst Ihr die Anforderungen dafür umgehend erhöhen und die Reaktionszeit eures fleißigen Azubis auf 1 Sekunde (= setzt sich sofort“) begrenzen.

Tja, dann müsst Ihr euch nur noch an diese eine Regel halten: Immer, wenn Ihr ein Wortkommando benutzt habt und euer kleiner Racker hat die Ohren auf Durchzug, dann widerholt Ihr das Kommando auf keinen Fall, sondern haltet das Zeichen aufrecht und wartet die Ausführung still und stumm ab.

Mögliche Fehler beim Anlegen

Sprechen. Eure größte Schwäche, die ich bis jetzt kennengelernt habe, ist das Sprechen. Ihr brabbelt nur allzu gern und es macht euch überhaupt nix aus, euch zu wiederholen: Dann sagt Ihr es halt nochmal und nochmal und nochmal – irgendwann wird er es schon machen.
Euer Hund lernt aber leider so, wie alle Hunde. Wir merken uns alles Gelernte sofort und in der Regel auch für immer. Ach, Ihr meint, er hat doch noch gar nix gelernt, wenn Ihr tausend Mal „Sitz“ sagt und nix ist passiert? Ha! Das glaubt aber nur Ihr selbst. Euer Hund lernt! Er lernt nach dem super-duper-einfachen Prinzip: WENN DAS – DANN DAS! Ständig. 24 Stunden am Tag, lernt er begierig, alles was es zu lernen gibt. Und wenn Ihr ihm nix Besseres zu Lernen gebt, dann lernt er halt zur Not auch, dass es absolut egal ist, ob Ihr ihm etwas sagt oder ob in Alaska eine Schneeflocke fällt. Und das lernt er so nachhaltig, dass euch jedes dahin geplapperte Wortkommando bis an sein Lebensende nachhängt. Oh, da hätte ich noch eine kleine Textaufgabe für euch:
Michael möchte, dass sein kleiner Welpe Kalle sich das erste Mal in seinem Leben hinsetzt. Er wartet, bis sein Kalle ihn aufmerksam anschaut und sagt daraufhin das erste Mal „Sitz“. Natürlich passiert erst einmal nix, denn Kalle hört dieses Wort das erste Mal in seinem Leben. Michael wiederholt das Wort deshalb, aber es passiert wieder nix. Das macht der Michael nochmal und nochmal so. Bei diesem vierten Mal geschieht dann aber endlich das kleinen Wunder: Der Kalle pflanzt sich auf seinen Hintern und der Michael freut sich gar sehr und gibt dem verdutzten Kalle einen super leckeren Keks. Ja, nein, Moment – dass das eine Erfolgsquote von 25% ergibt, kann ich gerade noch selber ausrechnen. Was mich kleinen Terrier aber brennend interessieren würde, ist was viel Schwereres: Wenn Der Michael jetzt nur noch Erfolge und keine Misserfolge mehr hätte, nach wie vielen Versuchen bekäme er dann endlich wieder eine Quote von 100 %, was das Kommando „Sitz“ betrifft hin?

Weiter geht’s

Na, da sind ja noch mehr Ruhekommandos, die Ihr „auf ein Wort“ perfektionieren könntet. Und mit den vielen Tricks, die euer kleiner Racker jetzt schon drauf hat, geht das ganz genauso. Und wenn Ihr das alles fertig habt, dann wartet da ja noch die Frage auf euch, ob euer Hund denn nun wirklich JEDES Wort versteht, wenn Ihr ein Kommando z.B. in einer kleinen Geschichte versteckt, die Ihr ihm vorlest.
Und wenn euch das dann auch noch zu langweilig geworden ist, dann könnt Ihr euch noch daran machen, dass euer Hund eure Kommandos ausführt, ohne dass eure Lippen sich bewegen und ohne dass Ihr eure Hände dazu benutzt. Hui! Das wird ein Spaß …

Viel Spaß beim Üben

Euer Bertie
 
 
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